Rollen

Nov. 8th, 2023 08:09 pm
tau31: (weiß)
Ich versuche das mal aufzuschreiben, weil es mich gerade wieder anspringt:

Da ploppte schon wieder der Gedanke in meinem Kopf auf: "Wir sind eigentlich nur interessant in unseren Rollen."

Ich kann mich erinnern, dass ich diesen Gedanken vor einiger Zeit schon einmal hatte.
Die Begebenheit war irgendwie ähnlich, wenn ich mich richtig erinnere...

Mir wird das immer mal wieder deutlich, bei den Begegnungen, die ich im Internet habe mit den Leuten, mit denen man sich in diversen Foren oder Chats bzw. Discord so austauscht. Die Begegnungen legen sich irgendwann auf ein Thema fest, das man mit den gleichen Personen bespricht (z.B. Fandoms) oder es kommt vor, dass die Art der Begegnung immer im Wesentlichen gleich abläuft (einer stellt Fragen, der andere antwortet). Sobald sich daran etwas ändert, z.B. wenn man mit den Leuten, mit denen man sonst hauptsächlich über Fandoms spricht, mal über etwas anderes reden möchte, gerät das Ganze ins Stocken. Genauso wenn man anfängt nicht immer nur Fragen zu stellen, sondern auch von sich selbst erzählt - es wird nicht darauf eingegangen.
Oder wenn ein Gespräch mal heikler wird, man vielleicht Missfallen äußert oder deutliche Kritik an einem Standpunkt äußert, also wenn sich irgendein unangenehmes Störgefühl einschleicht...

Man hat die Rolle abgelegt, die man begonnen hat für die andere Seite zu werden/zu spielen und daran besteht kein Interesse.

Es besteht kein Interesse an einem weiteren Ausbau der Bekanntschaft (klingt etwas hölzern, aber mir fällt nichts Besseres ein).
Es besteht kein Interesse daran mehr über eine Person zu erfahren, über ihre Rolle hinaus, auf die man sie (wahrscheinlich meistens unbewusst) festgelegt hat.

Die Person hinter dieser Rolle interessiert überhaupt nicht.

Wir be-nutzen und ver-nutzen uns die ganze Zeit, aber begegnen uns nicht auf tieferer Ebene.
Und derjenige, der eine Rolle spielt, die gerade am interessantesten ist oder das größere Vergnügen bringt oder eben den größten Nutzen für Jemanden, z.B. weil er gerade das aktuellste Interesse teilt, der wird sofort bevorzugt und die anderen in den Hintergrund geschoben.

Machen wir das alle? Ist das normal?

Wieso hab ich dann das Gefühl, dass mich das stört? (Wobei auf meine Gefühle kein Verlass ist, das muss also nichts heißen).

Naja, fiel mir nur irgendwie auf.

tau31: (weiß)
Unsere Illusionen sind irre.

Nehmen wir mal die Liebe: in einer banalen Welt, voller banaler Menschen - wie kann man da erwarten eine außergewöhnliche Liebe zu finden?

Paradox.
tau31: (wueste)
Dieses Phänomen - in einen Raum zu kommen, in dem Menschen sich über Stunden gegenseitig ignorieren, aber jeden Tag miteinander verbringen, ohne dass dies aber aus Groll herrührte - will mir nicht in den Kopf.

Dieses völlige, offene Desinteresse für Jeden um einen herum, finde ich verblüffend. Man fühlt sich wie auf einem weiten Ozean, auf dem alle Menschen zu Inseln geworden sind, ohne irgendeine Landbrücke dazwischen.

Es werden auch keine Anstalten gemacht, irgendwelche Landbrücken auszubilden. Es kann Wochenende, Weihnachten, Neujahr, Geburtstag oder Jahresurlaub gewesen sein - keiner wird auch nur ein Wort darüber verlieren oder fragen "wie es denn war".

Man ist "Kollege" aber man ist kein "Mensch" mehr. Man ist Vernutzungseinheit für das tägliche Tun, aber keine Person mehr, die irgendwelche Merkmale außerhalb seiner Arbeit hat. Wir existieren nur am Arbeitsplatz und dort nicht als menschliches Wesen.

Alles um einen herum tut und macht und existiert, aber lebendig fühlt sich nichts davon an. Roboterhaft alles. So roboterhaft, dass man sich dumm vorkommt, wenn man versucht den ersten Schritt zu machen und der Sache irgendwie Leben einzuhauchen, indem man Gespräche anfängt oder sich für die anderen interessiert.

Vergebliche Liebesmüh.

In diesen Leuten ist kein Leben mehr, aber auf andere Art, als in meinem depressiven Kopf.

Banales

Sep. 28th, 2022 08:47 pm
tau31: (Default)
Wollte schon lange schreiben, aber zwei sich neutralisierende Impulse in mir halten mich ständig davon ab: Schreibdrang -> Schreibblockade -> Schreibdrang -> ...

Und heute kam mir so der Gedanke, dass das auch ganz einfach daran liegen könnte, dass es ja im Grunde nichts zu sagen gibt. Es erstaunt mich selbst immer wieder wie dämmend Depressionen auf die Reize aus der Umwelt wirken. Die Welt schreit permanent, momentan schreit sie von Eskalation und Krieg und wir steuern wohl auf das eine oder andere Ende zu und ich empfinde einfach nichts und denke oft nichts.

Ich hatte das irgendwann mal in einem Anflug von Galgenhumor so formuliert: Der Vorteil von Depressionen ist, dass man keinen Nerv hat an der Empörungsgesellschaft teilzunehmen.

Das ist immer noch so, obwohl der Sog der aktuellen Ereignisse einen natürlich trotzdem mitreißt, nur vielleicht auf unterschwelligere Art.

Lustigerweise zeigte mir der YouTube-Algorithmus dazu heute ein passendes Video an (wusste nicht, dass der Gedanken lesen kann)

Warum ist dein Leben so langweilig?

Und der Autor kam zu demselben Schluss, wie ich: weil es die meiste Zeit über eben wirklich einfach nur furchtbar banal ist.

Wobei es das momentan eigentlich nicht ist, wir stehen kurz davor alles zu verlieren. Aber möglicherweise bin ich schon so zombifiziert, dass das keine Erregung mehr auslöst.

Wenn man jetzt zynisch wäre, könnte man auch dankbar für das anstehende Chaos sein, weil es endlich mal die Action bietet, das Elend, die existenzielle Herausforderung nach denen wir als Hollywoodgeneration uns insgeheim immer so sehnen... endlich geht´s um was, endlich kommt was, was Bedeutung hat... die Realität wird wohl sehr anders, als wir uns das so denken und vielleicht heilsam, wenn auch möglicherweise auf grausame Weise.

Jedenfalls dachte ich mir so, dass diese Banalität doch die eigentliche Herausforderung ist. Die den Großteil seines Lebens auszuhalten (und ich scheitere eigentlich ununterbrochen daran, daher auch die Depression), nachdem man sein halbes Leben lang durchs Internet von anderer Leute "Highlight Reel" angefixt worden ist und eine völlig verdrehte Vorstellung davon bekommen hat, wie das Leben die meiste Zeit eigentlich ist, nämlich einfach nur nicht aufregend, sondern alltäglich.

Denn wie irre das eigentlich ist, dass gerade die, die sich für ihr Leben ständig die tollsten Abenteuer ausgemalt haben es am Ende sind, die im langweiligsten, eintönigsten und festgefahrensten Lebensweg enden, nämlich in der Depression... also im extremsten Gegenteil von dem, was sie eigentlich wollten und in der ungesundesten Form des Banalen. Schon widersprüchlich irgendwie.

Dennoch frage ich mich, ob es möglich ist, sich jemals mit diesem (gesunden) Alltäglichen anzufreunden, nachdem man ewig auf Sensations- und Abenteuerdrogen war?
Weiß nicht, ich kann´s mir irgendwie nicht vorstellen. Eine Restsehnsucht nach der Erfüllung der Heldengeschichte in unserem Kopf wird wohl immer bleiben.

Ich bewundere Leute echt, die mit diesem Alltäglichen zufrieden sein können, sich darin was aufbauen und einfach ihr Leben leben.

So, ist spät. Muss schlafen.
Bis bald :)

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